Bauchkrämpfe nach Tumorentfernung

Eine zum Zeitpunkt der Erstkonsultation in meiner Praxis 59jährige Frau wurde vier Jahre zuvor ein 2,5kg schwerer gutartiger Tumor am rechten Eierstock entfernt. Gleichtzeitig wurde bei diesem Eingriff auch die Gebärmutter, beide Eiertstöcke und der Blinddarm heraus operiert. Aufgrund der Größe des Tumors war vor der Operation das Wasserlassen und Stuhlgang erschwert bzw. verändert. Nach der Operation normalisierte sich beides zügig. Es traten aber kurz nach der Operation Krämpfe im Bauch ("unter der Bauchhaut"), Stiche im Bauch und eine "Beule" am bzw. im Bauch auf...so beschrieb mir meine Patientin ihre Missempfindungen. Diese Störungen traten seit vier Jahren fast täglich auf. Daneben hatte sie auch auch fast täglich Schmerzen im zervikothorakalen Übergang, also am Übergang von der Halswirbelsäule zur Brustwirbelsäule. Gynäkologisch war alles ohne Befund.

Bei meiner Befundung stellte sich palpatorisch am auffälligsten der Bauch dar: Im rechten Unterbauch ließen sich die Organe, sprich Dünndarm, Dickdarm, und die operierte Region des Tumors und der Gebärmutter nicht gut voneinander abgrenzen, es fühlte sich an wie eine zusammenhängende Masse, wie ein "Klumpen". Nicht ganz so ausgeprägt fand ich die Situation im linken Unterbauch. Diese Palpation assoziiere ich mit ausgeprägten Verwachsungen/Verklebungen im Bauchraum, wie sie nach Bauchoperationen häufig vorkommen. So weiß man z.B., dass nach zwei gynäkologischen Operationen, z.B. Kaiserschnitt, man zu 99% von nachfolgenden Verwachsungen ausgehen kann. Am zervikothorakalen Übergang zeigte sich eine Hyperkyphose mit Hypomobilität.

Meine Behandlung führte ich überwiegend am Bauch durch: Viszerale Techniken zur Mobilisierung der Organe und der gesamten operierten Region, so dass der "Klumpen" sich wieder wie ein normaler Bauch anfühlen sollte. Den Nacken behandelte ich nur kurz.

Zur zweiten Behandlung, 14 Tage später, waren die Stiche im Bauch nur einmal aufgetreten, die Nackenschmnerzen waren ebenfalls deutlich besser. Der rechte wie linke Unterbauch fühlten sich bei der Untersuchung wieder normaler an, die Organe "klebten" nicht mehr so ausgeprägt aneinander. Ich führte nur eine Behandlung am Bauch durch.
Die dritte Behandlung erfolgte drei Wochen nach der zweiten. Die Stiche/Krämpfe traten wieder nur einmal kurz und schwach auf, der Nacken machte keine Probleme mehr, das Gefühl der "Beule" im Bauch war verschwunden.

Zwei Dinge beeindrucken mich immer wieder: Die Verklebungen im Bauch haben vier Jahre meine Patientin gestört. Innerhalb von zwei Behandlungen innerhalb von 14 Tagen und insgesamt 5 Wochen nach Erstkontakt verschwanden die Beschwerden und gleichzeitig fühlte sich der Bauch wieder normal an, nicht wie ein "Klumpen". Ob die Verwachsungen sich aufgelöst haben, weiß ich nicht. Ich kann nicht hineinschauen, aber sie wirken meiner Meinung nach nicht mehr funkionell auf die Symptomatik. Das zweite ist der offensichtliche Zusammenhang zu den Nackenschmerzen: Fast tägliche Nackenschmerzen verschwinden nicht durch das, was ich in der ersten Behandlung am Nacken gemacht habe. Ich legte meinen Fokus auf den Bauch, so dass ich nur wenig Zeit für den Nacken aufgewendet habe. Trotzdem ist die Symptomatik parallel zum Bauch deutlich besser geworden. Ich sehe einen Zusammenhang. In der Osteopathie spricht man von Ketten durch die Symptome zusammenhängen. In diesem Fall, um es plakativ auszudrücken, hat der "Klumpen" im Bauch die Patientin nach unten und den Nacken in Mitleidenschaft gezogen. Die Verwachsungen im Abdomen sind über andere Körperstrukturen nach oben funktionell wirksam gewesen, so dass der zervikothorakale Übergang sich nicht mehr ausreichend frei bewegen konnte, er war das schwächste Glied am Bewegungsapparat und begann zu schmerzen. Diese Zusammenhänge werden oft nicht genug beachtet.