Peroneusparese über Nacht

Ein 62jähjriger Mann konsultierte mich wegen einer Peroneusparese (Fußheberschwäche) links. Sie trat vor mehreren Monaten über Nacht ohne erkennbaren Anlass auf. Die Zehen 1 und 2 links kribbelten seitdem ebenfalls (Parästhesie). Zum Laufen trug er eine Schiene, um Stolpern zu verhindern, Autofahren konnte er ohne Schiene. In der Funktionsprüfung zeigte sich die fußhebende Muskulatur links mit vermindertem Kraftgrad 4.

Eine MRT-Aufnahme wies Bandscheibenprotrusionen von LWK3 bis SWK1 auf, leichte Facettenarthrosen und ein sehr enges Neuroforamen LWK5/SWK1 links. Eine neurologische Messung der Nervenleitgeschwindigkeit zeigt keine Peroneusschädigung, sondern deutete eher auf eine Schädigung der Nervenwurzel L5 links hin.

Die bisherigen Behandlungsversuche ärztlicherseits brachten keine Besserung.

Bei meiner Untersuchung fand ich eine Dysfunktion des Tibiafibulargelenks links proximal...oder anders gesagt: Das Wadenbeinköpfchen war bewegungseingeschränkt am Schienbeinkopf. Dort unmittelbar am Wadenbeinköpfchen verläuft der Peroneusnerv entlang. Kann das Wadenbein sich dort nicht mehr richtig bewegen, gibt es vermehrten Druck und Scherkräfte an dem Nerven, der dadurch irritiert werden kann. Das kann zu Missempfindungen im Bereich des Fußrückens oder seitlich am Unterschenkel führen. Mögich ist aber auch eine Kraftminderung der Fußheber, da die Nervenfasern für diese Muskulatur auch am Wadenbeinkopf vorbei müssen. 

So war das bei meinem Patienten! Ich mobilierte ihm das Tibiofibulargelenk und behandelte manuell des N. peroneus, um ihn von diesem Druck, der schon lange angehalten hatte, zu befreien. Zur zweiten Behandlung, etwa 6 Wochen später, erschien mein Patient und berichtete, dass er schon kurz nach der ersten Behandlung die Schiene nicht mehr brauchte. Er könne wieder normal laufen.

Anatomie ist die Grundlage der Osteopathie. Die genauen Kenntnisse ihrer Zusammenhänge, funktionell und topographisch, ist unabdingbar für die tägliche Arbeit.